Was wir von der CP-Konferenz in Oslo (Norwegen) im Januar 2018 mitgenommen haben.
Die Wirksamkeit der Frühförderung bei Kindern mit verzögerter Entwicklung und ihren Familien ist zunehmend wissenschaftlich nachgewiesen. Dies war das Thema der diesjährigen CP-Konferenz, die im Januar 2018 in Oslo stattfand.
Den Auftakt bildete eine Rede der international bekannten Wissenschaftlerin Dr. Iona Novak, die auf dem Gebiet der Ergotherapie forscht, wobei der Schwerpunkt ihres Interesses auf der Neuroplastizität liegt.
Durch die beschleunigte Entwicklung von Therapieverfahren und neuer Erkenntnisse über Zerebralparese (CP) werden existierende Informationsquellen in der heutigen Zeit immer schneller obsolet. Dr. Novak leitet ein Forschungsteam der Cerebral Palsy Alliance in Australien, das eine systematische Untersuchung von CP-Therapiemaßnahmen durchgeführt hat, die erfolgreich beziehungsweise wirkungslos waren. Zu den wesentlichen Ergebnissen der Untersuchungen gehörte, dass die wirksamsten Behandlungsansätze für CP in den letzten 10 Jahren entwickelt wurden.
Historisch betrachtet hat es bislang nur wenig evidenzbasierte Forschung auf dem Gebiet der Frühförderung für CP gegeben, und die Diagnose CP wird bei Kindern häufig erst im Alter von 12 bis 24 Monaten und damit zu spät gestellt. Spät diagnostizierte Kinder werden entsprechend später und weniger intensiv gefördert. Zum Vergleich erläuterte Dr. Novak, dass Schlaganfallpatienten in den ersten zwei Wochen nach dem Schlag normalerweise 14 Stunden behandelt werden. Kinder mit CP erhalten dagegen eine Behandlungszeit von üblicherweise 4 Stunden im gesamten ersten Jahr.
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Die Lücke zwischen der neuesten Forschung und der klinischen Praxis zu schließen und dafür zu sorgen, dass schon Säuglinge mit CP Leistungen auf dem neusten Stand der Wissenschaft erhalten, dafür setzt sich eine globale Initiative zur Entwicklung internationaler Leitlinien für die Früherkennung und Frühförderung von CP-Patienten durch, die von Dr. Novak geleitet wird.
„Aufgrund der Plastizität des Gehirns glauben wir, dass mit Frühförderung sehr viel erreicht werden kann. Frühförderung zielt darauf ab, Lernvorgänge zu beschleunigen beziehungsweise Neuroplastizität zu induzieren“, so Dr. Novak.
Wenn Sie mehr erfahren möchten, können Sie hier das Handout zum Vortrag lesen.
Auf der Konferenz gab es einen Überblick über den ersten Schritt - die frühzeitige und genaue Diagnostizierung von CP. Zur frühen Förderung der motorischen Fähigkeiten sind praktisches (gegenüber dem passiven) Üben und Coaching am besten geeignet, zusätzlich zu Baby-CIMT (Constrained Induced Movement Therapy, Englisch für: einschränkungsinduzierte Bewegungstherapie).
Dr. Novak betonte außerdem, wie wichtig es sei, die Eltern in die Therapiemaßnahmen mit einzuplanen - denn Therapeuten werden oft zuerst gefragt, wie die Eltern helfen können.
Im Bereich der Neuroplastizität werden zurzeit viele Studien zur Bewertung kognitiver Behandlungsformen durchgeführt. Sie zeigen, dass frühe Wahrnehmung und motorische Entwicklung eng miteinander zusammenhängen. Therapeutische Maßnahmen sollten aufgabenspezifisch und vielfältig sein und Interaktionen beinhalten. Eine Pilotstudie hat ergeben, dass hohe Dosierungen zu besseren Ergebnissen führen. Es ist jedoch schwierig, allgemeingültige Aussagen zu treffen - eine gute Beziehung zum Kind ist ebenso wichtig wie Therapieerfolge, und es wird empfohlen, hier für ein ausgewogenes Verhältnis zu sorgen. „Wir wissen jetzt, dass wir uns verbessern und vielleicht eine Verschlechterung der Gesundheitssituation von Kindern mit CP durch aktive Frühförderung vermeiden können“, so Dr. Novak abschließend.
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Die wesentlichen Inhalte der ersten Gesprächsrunde wurden von weiteren Rednern auf der CP-Konferenz unterstützt. Marianne Thoresen, Professorin für neonatale Neurowissenschaften an der University of Bristol, sprach über die neuroprotektive Wirkung von milder Unterkühlung bei Neugeborenen. Unter ihrer Leitung hat ein Forschungsteam eine Kühlbehandlung mit der Bezeichnung „therapeutische Hypothermie“ für Neugeborene entwickelt, die während der Geburt unter Sauerstoffmangel litten. Nach acht Jahren der Forschung wurde festgestellt, dass Babys, die unmittelbar nach der Geburt eine Kühlbehandlung erhielten, viel seltener unter Epilepsie litten als vor der Einführung der Hypothermie. Durch die frühzeitige Behandlung mit der Kühltherapie verringerten sich die Anzahl und der Schweregrad der CP-Erkrankungen und erhöhte sich die Anzahl der Kinder, die normal überlebten.
Im Ergebnis gibt die Forschung über CP und klinische Interventionen Anlass zur Hoffnung, und wir sehen klare Empfehlungen für die Zukunft: