Unter spinaler Muskelatrophie (SMA) versteht man eine Erbkrankheit, die eine zunehmende Muskelschwäche in Verbindung mit kumulativem Muskelschwund verursacht und so zu einem motorischen Funktionsverlust führt. Wann die Krankheit auftritt, welche Symptome entstehen und wie schwer der Verlauf sein kann, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Die Ursache der spinalen Muskelatrophie ist eine Mutation des so genannten SMN1-Gens. Ein gesundes SMN1-Gen produziert ein bestimmtes Protein, das der Körper braucht, um die normale Funktion der Motoneuronen zu erhalten. Motoneuronen sind muskelsteuernde Nervenzellen, die Signale vom Gehirn an die Muskeln senden. Ein Kind mit SMA hat ein defektes SMN1-Gen, sodass nicht ausreichend Protein hergestellt wird. Dadurch werden die Motoneuronen geschädigt, was zum fortschreitenden Verlust dieser Zellen führt. Die Muskeln können nicht bewegt werden und verkümmern schließlich.
SMA ist eine Erbkrankheit. Wenn beide Eltern ein defektes SMN1-Gen besitzen, erkrankt das Kind an spinaler Muskelatrophie. Liegt der Gendefekt bei nur einem Elternteil vor, wird das Kind wahrscheinlich nicht an SMA erkranken, kann den Gendefekt jedoch weitervererben.
An SMA erkrankt etwa einer von 8.000 bis 10.000 Menschen.
Die Symptome variieren von leicht bis schwer. Das Leitsymptom ist eine Muskelschwäche, durch die überwiegend die proximale Muskulatur in Mitleidenschaft gezogen wird, also die Muskeln von Schultern, Hüfte, Oberschenkeln und Rumpf. Außerdem sind die unteren Extremitäten meist stärker betroffen als die oberen.
Die SMA wird nach dem Schweregrad der Symptome in vier Typen eingeteilt:
Typ 1 wird auch als Typ Werdnig-Hoffmann oder akute infantile SMA bezeichnet. Es handelt sich um die häufigste und die schwerste Form der spinalen Muskelatrophie. Schon bei der Geburt oder wenige Monate danach wird ein schwacher Muskeltonus festgestellt. Später können die Kinder ihren Kopf nicht kontrollieren oder ohne fremde Hilfe sitzen. Es können Schluckbeschwerden auftreten, die das Füttern erschweren und so die Entwicklung beeinträchtigen. Wenn die Atemmuskulatur schwach ist, kann auch die Atmung betroffen sein.
Typ 2 (Wohlfahrt-Kugelberg-Welander, intermediäre SMA) wird auch als Dubowitz-Typ bezeichnet. Die Symptomatik der Muskelschwäche entwickelt sich hier normalerweise im Alter von sechs bis zwölf Monaten. Die Kinder können allein sitzen, jedoch nicht stehen oder gehen. Durch die zunehmende Muskelschwäche können sich die motorischen Fähigkeiten des Kindes im weiteren Verlauf verschlechtern. Es besteht das Risiko, dass betroffene Kinder eine Skoliose (gekrümmte Wirbelsäule) entwickeln; außerdem kann die Atemmuskulatur beeinträchtigt sein.
Typ 3 bezeichnet man auch als Kugelberg-Welander-Syndrom. Die Symptome treten erst in der späteren Kindheit auf. Betroffene können zwar ohne fremde Hilfe stehen und gehen, es kann jedoch mit der Zeit zu Bewegungsstörungen kommen. Zum Beispiel kann das Gehen und Treppensteigen zunehmend Schwierigkeiten bereiten.
Die adulte SMA (Typ 4) ist sehr selten. Die Symptome beginnen erst im frühen Erwachsenenalter und treten häufig in Form einer leichten bis mittleren Muskelschwäche, Zittern und leichten Atembeschwerden auf.
Die Lebenserwartung variiert je nach Typ der SMA. Kinder mit infantiler spinaler Muskelatrophie vom Typ 1 haben die geringste Lebenserwartung. Neue Medikamente können die Lebenserwartung und die Lebensqualität dieser Kinder jedoch verbessern.
Menschen mit SMA vom Typ 2 haben zwar eine geringere Lebenserwartung als gesunde Menschen, erreichen aber häufig das Erwachsenenalter. Bei Menschen mit Typ 3 und 4 ist die Lebenserwartung normal oder fast normal.
Die Krankheit verläuft jedoch nie ganz gleich, sodass es schwierig ist, Prognosen für die Zukunft zu stellen
Leider ist SMA nicht heilbar, aber neue Medikamente, die zur Behandlung von SMA eingesetzt werden, können dazu beitragen, die Lebenserwartung zu erhöhen, die Muskelkontrolle zu verbessern und für mehr Lebensqualität zu sorgen.
Einige der wichtigsten erhältlichen Arzneimittel sind:
Außerdem kann medizinisches Fachpersonal durch unterschiedliche Behandlungen und Unterstützung die Symptome von SMA mindern und zur bestmöglichen Lebensqualität beitragen:
Ein Physiotherapeut und/oder ein Ergotherapeut begleitet das Kind kontinuierlich, um die motorische Entwicklung und die motorischen Fähigkeiten zu stimulieren. Der Therapeut stellt ein Programm zusammen, das dem Alter und der Funktionsfähigkeit des Kindes entspricht, und unterstützt Sie bei der Suche nach geeigneten Hilfsmitteln. Das Ziel der Hilfsmittelversorgung ist, Ihrem Kind Unabhängigkeit und Mobilität trotz seiner motorischen Einschränkungen zu ermöglichen. Zusammen mit dem betreuenden Arzt beobachtet der Therapeut auch die Entwicklung von Knochendeformitäten. Für Kinder mit SMA besteht ein erhöhtes Skoliose-Risiko. Häufig müssen sie auch ein Korsett tragen.
Aufgrund der schwachen Muskulatur sind Kinder mit SMA besonders anfällig für Atembeschwerden. Über mögliche Maßnahmen zur Unterstützung der Atmung entscheiden die betreuenden medizinischen Fachkräfte.
Eine schwache Mund- und Rachenmuskulatur kann die Schluckfähigkeit des Kindes beeinträchtigen, was sich auf das Wachstum auswirken kann. Eine Ernährungsberatung liefert viele Informationen über gesunde Ernährung. In manchen Fällen wird auch eine Magensonde benötigt.
Manchmal ist es gut, sich mit anderen Familien auszutauschen, in denen auch ein Kind mit SMA lebt. Es gibt verschiedene Organisationen, die über die Krankheit und die Unterstützungsangebote informieren, die Sie in Anspruch nehmen können. Diese Einrichtungen verfügen über gute Kenntnisse zu den neuesten Behandlungsmethoden und zur aktuellen Forschung. Manche bieten auch Austauschmöglichkeiten für Eltern, Familien und Geschwisterkinder an.
Beispielsweise bei diesen Organisationen finden Sie Hilfe:
Erstveröffentlichung: 5. April 2018, 9:31 Uhr. Aktualisierung: 8. März 2023