Was ist infantile Zerebralparese/Cerebralparese?
Für Ihre Übersicht haben wir alle wichtigen Informationen zur Cerebralparese (auch: Zerebralparese bzw. CP) zusammengestellt.
Infantile Zerebralparese (oder Cerebralparese, abgekürzt ICP oder CP) ist eine lebenslange, nicht-progressive neurologische Erkrankung, die die Fähigkeit sich zu bewegen sowie das Gleichgewicht zu halten und den Körper aufrechtzuhalten, beeinträchtigt. Sie ist die häufigste Erkrankung, die zu motorischen Behinderungen im Kindesalter führt und entsteht in der Regel als Folge einer Kombination von Ereignissen entweder vor, während oder nach der Geburt. Langfristig ist das Risiko bei Menschen mit CP hoch, sekundäre gesundheitliche Komplikationen, wie z. B. Fehlhaltungen, sitzende Lebensweise, geringere Fitness, Fatigue und andere, zu entwickeln.
Der Schweregrad und die Kombination der Symptome sind je nach Hirnschädigung von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Einige Patienten zeigen nur leichte Symptome wie eine schwache Hand, die das Schreiben und Greifen von Gegenständen beeinträchtigen. Andere Betroffene hingegen haben schwere Behinderungen, die dazu führen, dass sie sich nicht selbstständig bewegen können und rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen sind. Daher erfordert die Behandlung immer eine individuelle Anpassung und Einbeziehung verschiedener medizinischer und therapeutischer Ansätze.
In diesem Artikel erfahren Sie alles über Zerebralparese und die derzeit möglichen symptomatischen Behandlungsmethoden, sowohl im konventionellen als auch im operativen Bereich.
Was ist infantile Zerebralparese?
Infantile Zerebralparese (oder Cerebralparese, abgekürzt ICP oder CP) ist eine dauerhafte, nicht fortschreitende Erkrankung, die Bewegung und Körperhaltung beeinträchtigt. Sie geht häufig mit spastischen Muskelversteifungen und Bewegungsstörungen einher, die durch eine Verletzung des sich noch in der Entwicklung befindlichen Gehirns verursacht werden.
Es ist die häufigste Diagnose, die zu motorischen Behinderungen im Kindesalter führt und entsteht in der Regel als Folge einer Kombination von Ereignissen entweder vor, während oder nach der Geburt.
Das Wort "Zerebralparese" setzt sich aus zwei Wörtern zusammen. "Zerebral" wird von lateinisch cerebrum „Gehirn“ und von griechisch parese „Lähmung“ abgeleitet. Die Krankheit wurde erstmals 1830 von dem englischen Orthopäden und Kinderarzt William John Little beschrieben und war zu dieser Zeit als "Little‘sche Krankheit (Little's Disease)" bekannt.
Die funktionellen Einschränkungen bei Menschen mit Zerebralparese (oder Cerebralparese, abgekürzt CP) variieren in ihrem Schweregrad von einer isolierten Mobilitätsstörung einer Hand oder eines Beins bis hin zur Unfähigkeit, sich selbstständig zu bewegen. Viele Menschen mit CP haben auch assoziierte Probleme in Bezug auf Sprache, Hören, Kognition, epileptische Anfälle, Wahrnehmung und Empfindung. Der Grad der Störung ist abhängig von der Lage und Größe der Schädigung im Gehirn.
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Was sind die Ursachen für Zerebralparese?
CP wird durch eine Fehlentwicklung des Gehirns oder eine Schädigung des sich noch in der Entwicklung befindlichen Gehirns vor dem zweiten Lebensjahr verursacht. Etwa eines von ca. 500 Kindern ist betroffen.
Diese Erkrankung beeinträchtigt die Fähigkeit des Kindes, sich zu bewegen, das Gleichgewicht zu halten und den Körper aufrecht zu halten, zu kommunizieren, zu essen, zu schlafen und zu lernen. CP entsteht normalerweise als Folge einer Reihe von Ereignissen, die das sich entwickelnde Gehirn schädigen können.
Eine Frühgeburt ist der höchste Risikofaktor für eine CP-Erkrankung. Aber es ist nicht unbedingt die Frühgeburt selbst, sondern eher eine Folge von Ereignissen, die zur Frühgeburt und dann zu einer CP-Diagnose führen kann, so z. B. Entwicklungen in der Gebärmutter während der Schwangerschaft.
Die spezifische Ursache der CP ist bei den meisten Kindern unbekannt, aber es gibt Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit für CP erhöhen können:
- Frühgeburt - Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden
- Geringes Geburtsgewicht - dies kann bei Kindern der Fall sein, die zum geplanten Geburtstermin ein zu niedriges Gewicht haben oder bei einer Kombination aus Frühgeburt und niedrigem Geburtsgewicht
- Zwillings- oder andere Mehrlingsgeburten
- Thrombophilie
- Wenig Sauerstoff und Nährstoffe für den Fötus durch die Plazenta
- Infektionen oder toxische Expositionen der Mutter während der Schwangerschaft – dies können verschiedene Arten von Viren, Röteln, Toxoplasmose, Toxine usw. sein
- Längerer Sauerstoffmangel während der Geburt
- Schwere Gelbsucht kurz nach der Geburt
Ist eine Zerebralparese genetisch bedingt?
Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass dies der Fall sein könnte. Wissenschaftler haben Mutationen in Genen identifiziert, die für einige Fälle von Zerebralparese verantwortlich sein können. Dabei handelt es sich nicht um von den Eltern vererbte Gene, sondern um Mutationen, die zufällig auftreten. Weitere Forschungen sind notwendig und laufen noch. Sie werden uns in Zukunft mehr Erkenntnisse zu diesem Thema liefern.
Kann man einer Zerebralparese vorbeugen?
In den meisten Fällen ist nicht bekannt, was genau die Ursache der Zerebralparese ist, außer dass eine Verletzung des sich in der Entwicklung befindenden Gehirns vorliegt. Verletzungen des Gehirns, die während des Wachstums des Fötus auftreten, sind in der Regel nichts, was die schwangere Frau wissen oder verhindern kann. Sie können jedoch einige Risikofaktoren vor und während der Schwangerschaft verringern, indem Sie:
- Sicher stellen, dass Sie gegen bekannte Krankheiten, wie z. B. Röteln, geimpft sind.
- Während der Schwangerschaft gut auf sich achten und Alkohol, Tabak und andere Drogen vermeiden.
- Die Vorsorgeuntersuchungen nutzen und professionelle Hilfe aufsuchen, wenn Sie während der Schwangerschaft ungewöhnliche Veränderungen feststellen.
Wie wird Zerebralparese diagnostiziert?
Die Anzeichen einer CP treten meist im frühen Säuglingsalter auf. Die sichtbaren Anzeichen und deren Grad unterscheiden sich je nach Größe und Ort der Verletzung im Gehirn.
Zu den frühen Anzeichen einer CP gehören:
Entwicklungsverzögerungen: Das Kind ist möglicherweise langsam beim Erreichen der erwarteten Entwicklungsstufen wie Halten des Kopfes, Umdrehen, Sitzen, Krabbeln, Stehen und Gehen.
Abnormaler Muskeltonus: Körperteile sind zu steif oder schlaff. Wird das Kind beispielweise hochgehoben, werden die Beine steif oder überschlagen sich.
Abnormale Körperhaltung: Das Kind benutzt möglicherweise eine Seite mehr als die andere und greift nur mit einer Hand nach Spielzeug, während die andere Hand passiv ist oder zur Faust geballt wird.
Wenn Sie eines der oben genannten Anzeichen beobachten oder Sie sich Sorgen über die Entwicklung Ihres Kindes machen, wenden Sie sich an Ihre Kinderärztin oder ihren Kinderarzt. Wenn nötig, wird man Sie an eine Spezialistin oder einen Spezialisten überweisen, um eventuelle Symptome zu prüfen.
Insgesamt läuft die Diagnose der CP in drei grundlegenden Schritten ab:
- Zunächst wird die medizinische Vorgeschichte des Kindes erfasst. Mögliche Risikofaktoren, wie z. B. das Vorliegen einer Frühgeburt, werden bei dieser Anamnese berücksichtigt.
- Der nächste Schritt ist eine ausführliche neuro-orthopädische und entwicklungsneurologische Untersuchung des Kindes, gefolgt von der Befunderhebung.
- Liegen keine klinischen Befunde aus der Säuglingszeit vor, wird eine abschließende Kernspintomographie des Gehirns empfohlen. Auf diese Weise können eventuelle Hirnläsionen sichtbar gemacht und somit erkannt werden.
Die Untersuchung klärt eindeutig das Vorliegen einer Zerebralparese und schließt andere Erkrankungen, wie z. B. Entzündungen oder Tumore, aus. Sie definiert auch den Umfang der Diagnose.
In den letzten Jahren haben Früherkennung und Diagnose der CP stark zugenommen. Früher wurde CP bei Kindern von etwa 2 Jahren diagnostiziert, heute ist dies bereits im Alter von 3 Monaten möglich. Eine frühzeitige Diagnose erhöht die Möglichkeiten zur Frühförderung, um die motorische und geistige Entwicklungsfähigkeit des Kindes zu aktivieren, sekundäre Komplikationen zu verhindern und das Wohlbefinden der Betreuungspersonen zu verbessern.
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Wussten Sie schon?
CP betrifft rund 17 000 000 Menschen auf der ganzen Welt - es ist die häufigste Behinderung im Kindesalter.
Sie kann sehr gering ausgeprägt sein, von einer Schwäche in einem Arm bis hin zu einer schweren körperlichen Behinderung, bei der die Bewegungen nicht mehr kontrolliert werden können.
Welche Typen von Zerebralparese gibt es?
CP wird typischerweise durch die beteiligten Bewegungsstörungen und die betroffenen Bereiche des Gehirns beschrieben. Die vier Haupttypen sind:
- Spastische Zerebralparese
- Dyskinetische Zerebralparese
- Ataktische Zerebralparese
- Mix Zerebralparese
Spastische Zerebralparese
Die spastische CP ist die häufigste Form der CP. Die Schädigung des Gehirns befindet sich im motorischen Kortex. Etwa 70-80 % der Menschen mit CP sind von diesem Typ betroffen. Die Symptome sind steife und angespannte Muskeln, was die Fähigkeit zur Bewegung beeinträchtigt. Schnelle Bewegungen der Gliedmaßen verursachen eine erhöhte Muskelsteifigkeit. Spastische CP wird in zwei Untergruppen eingeteilt:
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- Bilaterale CP = beide Seiten des Körpers sind betroffen
- Unilaterale CP = eine Seite des Körpers ist betroffen
- Bilaterale CP = beide Seiten des Körpers sind betroffen
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Dyskinetische Zerebralparese
Etwa 6% haben eine dyskinetische CP, die auf eine Schädigung in den Basalganglien des Gehirns zurückzuführen ist. Typischerweise sieht man variable und unwillkürliche Bewegungen. Die Bewegungen können drehend und sich wiederholend sein und werden oft als Dystonie bezeichnet. Während langsame Bewegungen als Athetose bezeichnet werden. Auch mehr tänzerische, unregelmäßige und unvorhersehbare Bewegungen sind zu sehen, die oft als Chorea beschrieben werden.
Ataktische Zerebralparese
Dieser Typ tritt ebenfalls bei etwa 6 % der CP-Erkrankten auf. Hier ist das Kleinhirn beschädigt und es treten oft zittrige oder ruckartige Bewegungen und Koordinationsprobleme auf. Gleichgewichtsprobleme sind ebenfalls typische Symptome.
Mix Zerebralparese
Gelegentlich gibt es einen Mischtyp der oben genannten CP-Ausprägungen. Dieser wird oft durch eine Kombination von Gehirnschädigungen im Kleinhirn, den Basalganglien und dem motorischen Kortex verursacht.
Wie wird der Schweregrad einer Zerebralparese klassifiziert?
Der Schweregrad der motorischen und kommunikativen Fähigkeiten des Kindes wird in der Regel mit Hilfe folgender Begriffe klassifiziert:
- Gross Motor Function Classification System (GMFCS) - grobmotorische Fähigkeiten
- Manual Ability Classification System (MACS) - feinmotorische Fähigkeiten
- Communication Function Classification System (CFCS) - kommunikative Fähigkeiten
Gross Motor Function Classification System (GMFCS) -
System zur Klassifizierung der grobmotorischen Fähigkeiten
Das GMFCS beschreibt die motorische Leistungsfähigkeit in fünf verschiedenen Stufen:
Die Einstufung basiert auf selbstinitiierter Bewegung im Sitzen, Transfer und Mobilität und umfasst 5 Altersstufen (unter 2 Jahren, 2-4 Jahre, 4-6 Jahre, 6-12 Jahre und 12-18 Jahre), d. h. welche Stufe die Fähigkeiten und Einschränkungen des Kindes am besten beschreibt, ausgehend vom Alltag zu Hause, in der Schule oder in der Gemeinschaft.
Jede Altersgruppe hat ihre eigene Beschreibungsebene. Hier die Einordnung für die Altersstufe 6-12 Jahre:
GMFCS I – Das Kind kann zu Hause, in der Schule, im Freien und in der Gemeinschaft gehen und Treppen ohne Geländer steigen.
GMFCS II – Das Kind kann in den meisten Umgebungen gehen und Treppen steigen, indem es sich an einem Geländer festhält.
GMFCS III – Das Kind kann in den meisten Innenräumen mit Hilfe einer Gehhilfe gehen. Es kann Treppen steigen, indem es sich an einem Geländer festhält und dabei beaufsichtigt oder unterstützt wird.
GMFCS IV – Das Kind nutzt Mobilitätsmethoden, die in den meisten Situationen körperliche Hilfe oder motorisierte Mobilität erfordern.
GMFCS V – Die Kinder werden in allen Situationen in einem manuellen Rollstuhl transportiert. Die Kinder sind in ihrer Fähigkeit, Kopf- und Rumpfpositionen gegen die Schwerkraft zu halten sowie Bein- und Armbewegungen zu kontrollieren, eingeschränkt.
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Manual Ability Classification System (MACS) -
System zur Klassifizierung manueller Fähigkeiten
Das MACS beschreibt, wie das Kind seine Hände im Umgang mit Gegenständen bei Alltag einsetzt (10). Die Klassifizierung umfasst fünf Stufen und basiert auf der selbstinitiierten Fähigkeit des Kindes, Gegenstände zu benutzen und dem Bedarf an Unterstützung oder Anpassung, um manuelle Tätigkeiten auszuführen. MACS bezieht sich auf Kinder im Alter von 4-18 Jahren, während Mini-MACS auf Kinder im Alter von 1-4 Jahren angewandt wird.
Kurze Beschreibung der einzelnen Stufen:
MACS I – Das Kind handhabt Gegenstände leicht und erfolgreich.
MACS II –Das Kind kann die meisten Gegenstände handhaben, jedoch mit etwas reduzierter Qualität und/oder Geschwindigkeit.
MACS III – Das Kind kann Gegenstände nur schwer handhaben; benötigt Hilfe bei der Vorbereitung und/oder Änderung von Aktivitäten.
MACS IV – Das Kind handhabt eine begrenzte Auswahl an leicht zu bewältigenden Gegenständen in angepassten Situationen.
MACS V – Das Kind kann nicht mit Gegenständen umgehen und hat eine stark eingeschränkte Fähigkeit, selbst einfache Handlungen auszuführen.
Communication Function Classification System (CFCS) -
System zur Klassifizierung der Kommunikationsfähigkeit
Das CFCS ist analog und komplementär zum GMFCS und MACS und enthält ebenfalls fünf Stufen, die die Kommunikationsfähigkeiten im Alltag beschreiben:
CFCS I – Das Kind ist ein effektiver Sender und Empfänger mit unvertrauten und vertrauten Personen.
CFCS II – Das Kind ist ein effektiver, aber langsamerer Sender und/oder Empfänger mit ungewohnten und/oder vertrauten Personen.
CFCS III – Das Kind ist kann effektiv senden und empfangen mit vertrauten Personen.
CFCS IV – Das Kind kann inkonsequent senden und/oder empfangen mit vertrauten Personen.
CFCS V – Das Kind kann nur selten effektiv senden und empfangen auch mit vertrauten Personen.
Symptome und Ausprägungen: Welche Auswirkungen hat Zerebralparese?
CP beeinträchtigt die Fähigkeit, sich zu bewegen, das Gleichgewicht zu halten und den Körper aufrecht zu halten, zu kommunizieren, zu essen, zu schlafen und zu lernen. Der Schweregrad der Beeinträchtigungen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, abhängig von der Hirnverletzung. Einige Patienten zeigen nur leichte Symptome wie eine schwache Hand, die das Schreiben und das Greifen von Gegenständen beeinflussen, während andere Betroffene schwere Behinderungen aufweisen, die den ganzen Körper mit all seinen Funktionen beeinträchtigen, so dass sie rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen sind.
Aus umfangreichen Untersuchungen über Menschen mit CP wissen wir, dass:
- 1 von 3 nicht in der Lage ist zu gehen
- 1 von 4 nicht sprechen kann
- 1 von 10 eine schwere Sehbehinderung hat
- 3 von 4 unter Schmerzen leiden
- 1 von 4 an Epilepsie leidet
- 1 von 2 eine intellektuelle Beeinträchtigung hat
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Welche Therapie gibt es bei Zerebralparese?
Leider gibt es keine Heilung für CP. Doch verschiedene Behandlungen verbessern nachweislich Funktionen und Fähigkeiten und können Sekundärkomplikationen im Zusammenhang mit der Diagnose verhindern.
Die Behandlung von Menschen mit CP erfordert ein Team von unterschiedlichen Fachleuten, wie Ärzte verschiedener Fachrichtungen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sprachtherapeuten, Neuropsychologen etc.
Physio- und Ergotherapeuten unterstützen das Kind und die Familie beim Funktionstraining und verwenden verschiedene Ansätze und evidenzbasierte Methoden. Es ist wichtig, funktionelle Ziele zu setzen, die für das Kind und die Familie von Bedeutung sind. Dies soll Motivation und Fortschritt bewirken. Manchmal ist das Kind nicht in der Lage, von sich aus Ziele zu identifizieren, dann sollten diese mit den Eltern besprochen werden. Therapeuten helfen den Familien bei der Festlegung realistischer Ziele in Bezug auf die Fähigkeiten des Kindes und stellen sicher, dass die Ziele herausfordernd, aber erreichbar sind.
Empfehlenswert ist, konkrete Ziele zu formulieren, z. B. wenn das Kind Fahrradfahren lernen möchte, sollte diese Bewegung in das Training integriert werden, um möglichst motivierend zu sein. Wenn das Kind weint oder gestresst ist, schmälert das den Trainingseffekt maßgeblich.
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Ein Funktionstraining sollte so weit wie möglich in einer realen Umgebung durchgeführt werden, wie dem Zuhause des Kindes, dem Kindergarten, der Schule oder dem Spielplatz. Wenn dies nicht möglich ist, sollte die Umgebung möglichst so angepasst werden, dass eine reale Lebenssituation für das Kind simuliert wird.
Um funktionelle Fähigkeiten zu erreichen, ist meist ein hohes Maß an Training erforderlich. Das Training ist oft eine Kombination aus dem direkten Kontakt mit einem Therapeuten und dem Training, das von den Eltern durchgeführt wird. Die Therapeuten bilden die Eltern aus und leiten sie an, so dass die Familie das Training durchführen und in den Alltag integrieren kann. So werden die gesetzten Ziel durch ausreichend Training erreicht.
Es dauert etwa 14 Stunden, um eine neue Fähigkeit zu erlernen, und etwa 40 Stunden, um eine Fähigkeit zu verbessern. Daher ist es wichtig, dass die Ziele auch in Bezug auf die für das Training verfügbare Zeit realistisch sind. Bei der Festlegung der Ziele sollten also Zeit und Ressourcenverfügbarkeit in der jeweiligen Familie berücksichtigt werden.
Therapeuten und Ärzte werden gemeinsam mit der Familie herausfinden, welche Faktoren die Zielerreichung einschränken. Das können Einschränkungen in Bezug auf den Bewegungsumfang der Gelenke oder ein hoher Grad an Spastik sein.
Spastik kann Schmerzen verursachen oder die Positionierung beim Sitzen und Stehen einschränken. Zur Behandlung von Muskelspastik stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, wie z. B.:
- Botulinumtoxin – ein Medikament, das in die Muskeln, typischerweise in die Gliedmaßen, injiziert wird und eine vorübergehende Reduzierung des Muskeltonus bewirkt. Diese Behandlung geht Hand in Hand mit konventioneller Behandlung wie Physiotherapie, um die Funktion zu verbessern.
- Baclofen – ein Medikament, das entweder oral oder über eine Pumpe verabreicht wird und die Spastik reduziert. Die Medikation über eine Pumpe ist oft effektiver, da sie genau dort abgegeben wird, wo sie benötigt wird und das in einer geringeren Dosis. Die Platzierung der Pumpe ist ein chirurgischer Eingriff.
- Selektive dorsale Rhizotomie (SDR) – beinhaltet die Durchtrennung eines Teils der sensorischen Nervenfasern, die aus den Muskeln kommen und in das Rückenmark eintreten.
Auch orthopädische Eingriffe, entweder an Muskeln oder Gelenken, können zu einem bestimmten Zeitpunkt bei Kindern oder Heranwachsenden erforderlich sein. Dadurch können Funktionen optimiert und Deformierungen verhindert werden.
Einige Länder haben Nachsorgeprogramme für Menschen mit CP mit folgenden Zielen eingeführt:
- Vorbeugung von Hüftluxation und schweren Deformierungen
- Gewinnen von Wissen über CP
- Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Fachleuten
Diese Programme überwachen Menschen mit CP vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter mit regelmäßigen Beurteilungen. Die Beurteilungen umfassen die Messung des Bewegungsumfangs der Gelenke, Spastik und Röntgenaufnahmen der Hüften. Darüber hinaus werden Behandlungen, Operationen, die Verwendung von Orthesen usw. erfasst. Die kontinuierliche und standardisierte Überwachung ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von Verschlechterungen und schafft die Voraussetzung für eine präventive Behandlung in einem frühen Alter.
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Wie können Hilfsmittel Behinderungen kompensieren?
Technische Hilfsmittel sind wichtig für Menschen mit Behinderungen. Diese Geräte oder Ausstattungen können eine beeinträchtigte motorische Funktion kompensieren und dadurch die Unabhängigkeit und Teilhabe einer Person am täglichen Leben verbessern - für mehr Mobilität, Teilnahme an Aktivitäten, Hilfe beim Essen, Lernen, Hören und bei der Kommunikation.
Der Bedarf an Hilfsmitteln variiert je nach Alter, funktioneller Fähigkeit und Kapazität der Person. Auch die Umgebung, in der die Person lebt und der Grad der benötigten Unterstützung beeinflussen Art und Anzahl der Geräte, die die Person benötigt.
Mobilitätshilfen
Die meisten Menschen mit CP werden irgendwann in ihrem Leben eine Mobilitätshilfe benötigen. Dazu gehören sowohl die Geh- als auch die Rollstuhltechnik.
Gehhilfen
Gehstöcke – es gibt verschiedene Optionen, wie nicht faltbare Stöcke, faltbare Stöcke, Stöcke mit Vier- oder Dreibeinfuß usw.
Gehhilfen – diese handgehaltenen Gehhilfen können entweder posterior sein, bei denen die Gehhilfe hinter dem Benutzer ist oder anterior, bei denen die Gehhilfe vor dem Benutzer ist. Die Gehhilfen können entweder vier oder zwei Räder haben.
Gehtrainer – bieten in der Regel mehr Unterstützung auf der Ebene des Rumpfes und des Beckens im Vergleich zu handgeführten Gehhilfen und haben oft auch eine Möglichkeit zur Kopfabstützung.
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Rollstühle
Manuelle Rollstühle – diese Stühle können vom Benutzer selbst angetrieben oder von einer Hilfsperson geschoben werden. Es kann sich um leichte Rollstühle mit wenig Unterstützung handeln oder um komfortablere Rollstühle mit der Möglichkeit, sich zurückzulehnen.
Elektro-Rollstühle – sind motorisiert und ermöglichen es der Person, die Mobilität selbst zu steuern oder unterstützen die Hilfsperson beim Schieben. Diese Stühle gibt es für sehr kleine Kinder und bis hin zu Erwachsenen. Es gibt sie mit vielen verschiedenen Funktionen und Optionen.
Rollstühle gibt es sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich.
Hilfsmittel zur Positionierung
Stehhilfen – für Personen, die nicht in der Lage sind, selbständig zu stehen und zu gehen, wird empfohlen täglich eine Stehhilfe zu benutzen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten wie z. B. Aufstehhilfen, Bauch-, Rücken- und Mehrpositionsaufstehhilfen, mobile Aufstehhilfen und dynamische Aufstehhilfen. Dynamische Stehhilfen wie der motorgestützte Ganzkörper-Bewegungstrainer Innowalk ermöglichen es selbst Menschen mit schweren Behinderungen, beide Beine und Arme zu bewegen, während sie mit Gewichtsbelastung stehen.
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Adaptive Stühle – diese Stühle gibt es in vielen verschiedenen Ausführungen mit dem Ziel, die Person in einer geeigneten Position zu unterstützen, um das Gleichgewicht, die Aktivität und die Teilnahme zu fördern.
Hilfsmittel zur Positionierung im Liegen – Geräte, die dazu dienen, eine Person beim Liegen zu unterstützen. Dabei kann es sich um Kissen, Rollen, Keile, Matratzen usw. handeln.
Hilfsmittel für alltägliche Aktivitäten
Dies sind Hilfsmittel für alltägliche Aktivitäten wie:
Toilettengang – erhöhter oder abgesenkter Toilettensitz, Bänke usw.Baden – angepasste Badewanne, Dusche, rutschfeste Matten usw.
Essen – angepasste Tassen, Schüsseln, Teller, Löffel, Gabeln, Messer usw.
Betten – angepasste Betten mit verschiedenen Eigenschaften, um Sicherheit und Komfort zu gewährleisten
Anpassung der Umgebung
Anpassungen der Umgebung dienen dazu, Barrieren in der Wohnung, im Kindergarten, in der Schule, am Arbeitsplatz usw. zu verringern oder zu beseitigen, um die Selbstständigkeit zu fördern und die Belastung der Betreuungspersonen zu reduzieren. Hier sind einige Beispiele für Anpassungen:
- Automatische Türöffner
- Rampen
- Beseitigen von Schwellen
- Personenlift oder Hebebühne
- Haltegriffe
- Anpassbare Höhe am Küchentisch oder am Waschbecken im Bad
Hilfsmittel für die Freizeitgestaltung oder sportliche Aktivitäten
Menschen mit CP sind im Vergleich zu gesunden Menschen weniger körperlich aktiv. Hilfsmittel ermöglichen es Menschen mit einer Behinderung die Umgebung zu erkunden und aktiv zu sein, teilzunehmen und mit anderen Menschen zu interagieren. Hilfsmittel für solche Zwecke können sein:
- Fahrräder
- Renn-Rollstühle
- Sitz-Skier
Darüber hinaus können diese Hilfsmittel an verschiedene sportliche Aktivitäten angepasst werden, um Menschen mit Behinderung die Teilnahme zu ermöglichen.
Orthesen
Orthesen sind individuell angefertigte Stützvorrichtungen zur Verbesserung von Funktion und Kraft. Orthesen sind in harter, halbweicher oder weicher Form erhältlich und werden von einem Arzt verordnet. Zu den orthopädischen Hilfsmitteln gehören:
- Fuß-Orthesen
- Arm- oder Hand-Orthesen
- Wirbelsäulen-Orthesen
Kommunikationstechnologie
Viele Menschen mit CP haben Schwierigkeiten mit der Kommunikation, doch die Technologien in diesem Bereich bieten Erstaunliches und es gibt mittlerweile verschiedene Hilfsmittel, um die Kommunikation zu verbessern, wie z. B.:
Kommunikationstafel – ist eine Art von unterstützendem und alternativem Kommunikationsgerät. Es hat Symbole für Aktivitäten, Aufgaben, Gefühle usw.
Spracherzeugende Geräte – sind elektronische Systeme zur unterstützenden und alternativen Kommunikation, die Sprache oder Schrift für Menschen mit eingeschränkter Sprechfähigkeit ergänzen oder ersetzen können.
Eye-Tracking Geräte – ermöglichen einer Person, ihre Augen zu benutzen, um einen Computer oder ein Tablet zur Kommunikation zu bedienen.
Die Liste der hier genannten Hilfsmittel ist nicht vollständig, und die Verfügbarkeit und Kostenerstattung ist von Land zu Land unterschiedlich.
Ein multidisziplinäres Team wird jedes Kind oder jeden Erwachsenen bei der Suche nach den besten verfügbaren Hilfsmitteln unterstützen, um die Fähigkeit zu fördern und die Selbstständigkeit zu verbessern.
Wie lange lebt man mit einer Zerebralparese?
Es gibt keine allgemeinen Studien zur Lebenserwartung, aber die meisten Menschen mit Zerebralparese werden zwischen 30 und 70 Jahre alt.
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